Querdenken is Over, es leben die Leerdenker
Proteste gegen Schutzmaßnahmen zur COVID-19-Pandemie in Deutschland (auch: Hygienedemonstrationen, Corona-Proteste, Corona-Demos, Querdenker-Proteste etc.) waren Demonstrationen gegen die Gesetze und Verordnungen, aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie. Die Proteste begannen im März 2020 und richten sich besonders gegen sanktionsbewehrte Einschränkungen von Grundrechten der Freiheit der Person, der Versammlungsfreiheit und der Freizügigkeit. Ab Sommer 2020 meldete die Gruppe „Querdenken“ auch in weiteren Teilen Deutschlands Kundgebungen an und verbreitete sich regional. Es kamen weitere Akteure u. a. aus dem rechtspopulistischen bis rechtsextremistischen und Reichsbürger Milieu hinzu.
Auf den Veranstaltungen der Szene wurden häufig Falschinformationen zur COVID-19-Pandemie verbreitet, Journalisten angegriffen und Auflagen oder Verbote missachtet. Die Polizei löste einige Kundgebungen auf. Seit Dezember 2020 stufen deutsche Verfassungsschutzbehörden Teile der „Querdenker“–Bewegung als rechtsextrem ein und beobachten diese Teile seit April 2021 bundesweit. Dabei stellten sie eine Radikalisierung und zunehmende Gewaltbereitschaft der Protestszene fest. In einigen Städten fanden Gegenkundgebungen und Aktionen gegen „Verschwörungsideologen, rechte Esoteriker und Rechtsextremisten“ statt.Von Anfang an waren Verschwörungsunternehmer sowie Akteure der extremen Rechten an den Protesten beteiligt. Sie förderten den starken Zulauf dazu mit Livestreams und Internetvideos. Sie stellten die Gefahren durch das Coronavirus und die COVID-19-Pandemie in Frage, kritisierten pauschal die Regierung und behaupteten, die staatlichen Maßnahmen wären geplante Strategien der Kontrolle.
Ihre Youtubekanäle verschafften der Empörung über die eingeschränkte Versammlungsfreiheit zusätzliche Reichweite. Nach dem 18. April 2020 mobilisierten die Stuttgarter Organisatoren regional und bundesweit, etwa in Mannheim, Konstanz und Berlin. Initiativen anderer Orte übernahmen die Stuttgarter Selbstbezeichnung „Querdenken“, verbanden sie mit ihrer jeweiligen Telefonvorwahl und vertraten dieselben Botschaften. Lokale Gruppen und bestehende Netzwerke nahmen die Stuttgarter und Berliner Gruppen als Vorbilder für gleichartige Proteste an ihren Orten. Besonders in Ostdeutschland meldeten oft Rechtsextreme die Proteste an und machten sie sich zu eigen. Die Teilnehmer wurden vorwiegend durch persönliche Netzwerke und über soziale Medien mobilisiert. Zu den Berliner Demonstrationen am 1. und 29. August 2020 rief „Querdenken711“ ebenso auf wie das gesamte bundesdeutsche rechtsextreme Spektrum.
Seitdem erhielt die Bezeichnung „Querdenken“ großen Nachrichtenwert und stand nun in der öffentlichen Debatte für den Widerspruch einer gemischten, vielfältigen Teilnehmerschaft gegen die staatlichen Maßnahmen. Die offene Formulierung der Demonstrationsziele und der positive Bezug auf Grundrechte, aber auch die Deutung von staatlichen Maßnahmen als „Maskenzwang“ und „Impfpflicht“ sprachen verschiedene Teilnehmer an, darunter von Einschränkungen besonders Betroffene sowie anthroposophische oder evangelikale Impfgegner und Rechtsextreme.
Die Querdenker trugen deutschlandweit die Wut vieler Menschen gegen die Corona-Politik auf die Straße. Auf Proteste in größeren Städten folgten angebliche Spaziergänge auch im ländlichen Raum – oft unter Beteiligung der extremen Rechten. Dieses Milieu versuchte auch, Unzufriedenheit mit der Russland- und Energiepolitik der Bundesregierung in einen “heißen Herbst” oder einen “Wutwinter” umzumünzen.
Waren Bewegungen nach dem Vorbild der rechtsradikalen Pegida auf einzelne Regionen begrenzt, so liefen die Proteste ab 2020 bundesweit verstreut ab. Um den Antrieb sichtbar zu machen, hat die Berliner Forschungsstelle in der Bundesarbeitsgemeinschaft Gegen Hass im Netz Daten ausgewertet. Der Auswertung liegen rund zehn Millionen Nachrichten aus 1.503 Kanälen der Plattform Telegram zugrunde. Für Querdenker, Verschwörungsideologen, Esoteriker und Neonazis ist sie eine Mobilisierungsmaschine.
Neue Themen und alte Bekannte, russische Propaganda
Russische Propaganda Medien, wenn sonst keiner eine Platform gibt
RT (bis 2009: Russia Today) ist ein am 10. Dezember 2005 vom russischen Staat gegründetes und finanziertes Auslandsfernsehprogramm, das im Internet und per Satellitentranspondern verbreitet wird. Nach eigener Aussage will es die „russische Sichtweise“ auf das internationale Geschehen darstellen und ein Gegengewicht zu „westlichen Medien“ bilden. Kritiker betrachten den Sender als Auslands-Propagandakanal der russischen Regierung. Ihm wird gezielte Desinformation wie die Verbreitung von Verschwörungstheorien vorgeworfen. Programm- und Chefredakteurin Margarita Simonjan beschrieb die Ausrichtung des Senders mit den Worten: „Wir verteidigen unser Land, wie die Armee“ und erklärte mehrmals, dass Russland mittels RT imstande sein muss, einen Informationskrieg führen zu können.
Funfact, der selbsternannte Journalist und qualifizierte Quatschjurist Markus Haintz ist kein Journalist. Markus Haintz wollte per Eilantrag durchsetzen, dass ihn die Berliner Polizei als Journalisten anerkennt und scheiterte damit vor Gericht. Die Berliner Polizei muss den Querdenken-Aktivisten Markus Haintz nicht als Journalisten anerkennen. Das Berliner Verwaltungsgericht lehnte einen entsprechenden Eilantrag des Ulmer Rechtsanwalts ab.
Haintz wollte unter anderem gerichtlich feststellen lassen, dass „die Feststellung der Polizei Berlin, er sei kein Journalist“, rechtswidrig gewesen sei. Diesen und weitere ähnlich lautende Anträge wies die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts bereits am Freitag als „sämtlich unzulässig“ zurück, wie am Montag bekannt gemacht wurde.
Das Verwaltungsgericht setzte sich dabei inhaltlich gar nicht mit dem Antrag auseinander, da dieser bereits an formalen Fehlern scheiterte. In Teilen sei er inhaltlich zu unbestimmt, wie es heißt. So wollte Haintz etwa feststellen lassen, dass er einer „grundsätzlich journalistischen Tätigkeit“ nachgehe, wobei laut Gericht unklar ist, was er mit „grundsätzlich“ meine.
Aus Widerstand wurde eine Zusammenarbeit mit Reichsbürgern?
Unter der ruhigen Oberfläche der deutschen Gesellschaft brodelt eine unterschätzte Bedrohung: die Reichsbürger- und Querdenkerbewegung. Diese Gruppen, die sich oft im Schatten der Öffentlichkeit bewegen, haben in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung und Gefährlichkeit gewonnen. Ein Blick hinter die Kulissen offenbart ein komplexes Netzwerk mit Verbindungen zur extremen Rechten und einer alarmierenden Gewaltbereitschaft.
Was mit einer Handvoll Menschen begann, die sich gegen den Staat auflehnten, hat sich zu einer Bewegung entwickelt, die inzwischen die Sicherheit der Bundesrepublik bedroht. Reichsbürger und Querdenker, einst als Randerscheinung belächelt, sammeln Waffen, gründen Gruppen und planen Anschläge auf staatliche Einrichtungen. Das Netzwerk um Heinrich XIII. Prinz Reuß, das einen Anschlag auf den Bundestag plante, ist nur die Spitze des Eisbergs. Bundesanwaltschaft und Polizei reagierten mit einem der größten Anti-Terror-Einsätze in der Geschichte der Bundesrepublik, doch die Bedrohung ist noch lange nicht gebannt.
Am 15. November 2020 traf sich Fitzek mit dem Querdenken Initiativen — Initiator Michael Ballweg zu einem Arbeitstreffen in der Reichsbürger-Gaststätte Hacienda Mexicana in Wöhlsdorf. Ballweg ist so genannter “Staatszugehöriger” des “Königreich Deutschland” von Fitzek.
Nach Angaben von Schiffmann sei Rechtsanwalt Ralf Ludwig einer der rund 100 Teilnehmer des Treffens gewesen. Nach Angaben von Martin Lejeune sei das Treffen um 11 Uhr zustande gekommen, und Peter Fitzek habe einen zweieinhalbstündigen Vortrag gehalten. Es existiert ein Video der Veranstaltung. Auf dem Video sind auch der Anwalt Markus Haintz, Martin Lejeune und Anne Höhne als Anwesende zu erkennen.
Es erschien später eine Anwesenheitsliste im Internet, auf der als Teilnehmer u. a. Dirk Sattelmeier, Samuel Eckert, Reiner Füllmich, Wolfgang Greulich, Stefan Homburg, Ken Jebsen, Hendrik Sodenkamp, Martin Lejeune, Alexander Ehrlich, Thomas Brauner, genannt werden.
Der Extremismusforscher Jan Rathje warnt in einem Beitrag für „Zeit Online“ vor einer gefährlichen Unterschätzung dieser Gruppen. In seinem Bericht „Durch die Krise ins Reich (Öffnet in neuem Fenster)“ analysiert er die Entwicklung der Reichsbürger- und Querdenkerszene seit Beginn der Pandemie. Rathje stellt fest, dass einige dieser Gruppen von den Sicherheitsbehörden als terroristische Vereinigungen verfolgt werden, während sie in der rechtsextremen Szene oft belächelt werden. Dieses ambivalente Verhältnis erschwert die Einschätzung ihrer tatsächlichen Bedrohung.
Nicht nur der Verfassungsschutz, auch die Öffentlichkeit muss sich mit der Realität dieser Bewegungen auseinandersetzen. Angesichts von rund 23.000 Reichsbürgern und Selbstverwaltern, die den Rechtsstaat der Bundesrepublik infrage stellen und zunehmend gewalttätig werden, darf ihre Gefahr nicht länger ignoriert werden. Die tödliche Schießerei in Georgensmünd 2016 und der Mord im Jahre 2021 in Idar-Oberstein sind tragische Beispiele für das Potenzial dieser Bewegung.
Reichsbürger- und Querdenkerbewegungen nutzen soziale Medien strategisch und effektiv, um ihre Ideologien zu verbreiten, Anhänger zu rekrutieren und ihre Aktivitäten zu koordinieren. Ihr Verhalten in sozialen Netzwerken ist vielschichtig und entwickelt sich ständig weiter. (Quelle)
Querdenker, QAnon und Verschwörungsideologen
Die mit Abstand schrägste und extremste Form von Verschwörungsideologien findet man bei Alex Jones. Alexander Emerick Jones ist ein Amerikanischer Verschwörungstheoretiker und Vertreter rechter bis rechtsextremer politischer Ansichten, der über die Vereinigten Staaten hinaus wahrgenommen wird. Per Online-Marketing vertreibt er Produkte, die zum großen Teil im Zusammenhang mit den von ihm verbreiteten Verschwörungstheorien stehen.
Ab August 2018 wurden seine Kanäle auf mehreren sozialen Plattformen dauerhaft gesperrt, im Dezember 2023 wurde sein Account bei X (vormals Twitter) nach einer Nutzerumfrage jedoch wieder freigeschaltet.
Markus Haintz ist geradezu besessen von der Verwendung verschwörungsideologischer Quellen. Er vertritt die Ansicht, dass Masken, insbesondere für Kinder, nicht nur nutzlos, sondern sogar lebensgefährlich sind. Haintz lehnte auch die mRNA-Technologie vehement ab und setzte sich aktiv gegen diesen wissenschaftlichen Fortschritt durch Forschung ein. Was in diesem Fall nicht fehlen darf, sind medizinisch nutzlose und überteuerte Nahrungsergänzungsmittel. Affiliate-Links sind in der Querdenker Szene sehr beliebt, um ausbleibende Schenkungen der Zahlschafe zu kompensieren.
Nicht nur in den USA, auch in Deutschland ist die Zahl der QAnon-Anhänger im Pandemie-Sommer stark gewachsen. In der „Querdenken“-Bewegung sei die Verschwörungsideologie sehr präsent, sagte die Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun im Dlf – obwohl Facebook QAnon-Seiten inzwischen löscht. Obwohl es für die Verschwörungsideologie QAnon keine Belege gibt, finden sich weltweit inzwischen Hunderttausende, die an eine obskure Elite glauben, die mit Kindern handelt. Durch die Corona-Pandemie hat sich die Zahl der Anhängerinnen und Anhänger noch einmal massiv vergrößert – und die deutsche Szene spielt dabei eine besondere Rolle.
Eine verurteilte Shoah-Leugnerin soll frei kommen: Das fordert ein ebenfalls wegen Volksverhetzung vorbestrafter Rechtsextremist. Und er will dafür eine Kundgebung mit dem Titel “Freiheit für alle politischen Gefangenen” nutzen, zu der Markus Haintz, ein Rechtsanwalt aus der Querdenker-Szene, für Mittwoch in München aufruft. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München, zeigt sich “absolut schockiert”. Die 90 Jahre alte Überlebende des Nazi-Terrors sagt: “Diese Kundgebung an diesem Tag und an diesem Ort ist eine Provokation gegen das Gedenken und damit gegen die Demokratie, die darauf fußt.” (Quelle)
Reichweitenstarke Akteur:innen innerhalb der verschwörungsideologischen Szene greifen die Erzählung auf, um russische Angriffe zu rechtfertigen. Der russische Einmarsch wird vor diesem Hintergrund als Befreiungsaktion gewertet. Dazu gehören der Anwalt Markus Haintz oder auch die ehemalige Tagesschau-Sprecherin Eva Herman. In der verschwörungsideologischen Szene der sogenannten „QAnon”-Bewegung wird zudem die Erzählung verbreitet, dass Putin unter der Führung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump mit dem Krieg einen organisierten Ring zum Kinderhandel sprengen wolle. (Quelle)
Social Media Kanäle werden bedeutungslos
Der ehemalige Anwalt und selbsternannte Journalist Markus Haintz benannte seine Kanäle auf Social Media einst zu @Haintz_Media um. Heute am 30. Dezember 2023 scheint der Bedarf an Postings verflogen zu sein. Bei fast 50.000 Followern auf der Platform X (ehemals Twitter) wird der Protagonist kaum noch wahr genommen. Es reicht einfach mit Verbreitung von Verschwörungstheorien durch Tucker Carlson oder dem Rechtsextremen Alex Jones.
Was die Querdenker und Verschwörungsidioten hassen:
Amadeu Antonio Stiftung
Die Amadeu Antonio Stiftung ist eine als gemeinnützig anerkannte deutsche Stiftung bürgerlichen Rechts mit Hauptsitz in Heidelberg. Sie wurde 1998 auf Initiative von Anetta Kahane gegründet und nach Amadeu Antonio benannt, einem der ersten Todesopfer rechtsextremer Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland seit der Wiedervereinigung 1990.Die Stiftung will die Zivilgesellschaft in Deutschland gegen Antisemitismus (auch in Form von Antizionismus), Rassismus und Rechtsextremismus stärken.
Dazu unterstützt sie über 1000 lokale Initiativen und Projekte in Jugendkultur, Schulen, Opferschutz, Flüchtlingsinitiativen oder Demokratieprojekte finanziell, durch Aufklärung, Öffentlichkeitsarbeit und kommunale Netzwerke. Ferner unterstützt sie Hilfsangebote für Aussteiger aus der Neonazi-Szene. Zuletzt trat die Stiftung mit Unterstützung des Bundesfamilienministeriums auch durch Einrichtung einer Meldestelle Antifeminismus in feministischen Anliegen hervor.