Die Proteste der Landwirte gehen auf eine fehlgeschlagene Agrarpolitik der vergangenen Jahrzehnte zurück. Letztendlich brachten die Streichung von Subventionen das Faß zum überlaufen. Alleine der bürokratische Aufwand der Landwirte nahm in den vergangenen Jahren unverhältnismäßig zu. Die aktuelle Ampelregierung für diese Missstände verantwortlich zu machen entspricht nicht der Historie.
Es richtig und wichtig, dass sich die Organisatoren klar von radikalen Aktionen und fragwürdigen Mitstreitern abgrenzen. Kein Mitbürger braucht einen Galgen, um zu verstehen, dass die Landwirtinnen und Landwirte berechtigte Anliegen haben. Kein Politiker darf als Privatperson aufgesucht oder gar bedrängt werden. Und keine Landwirtin und kein Landwirt wartet auf die Hilfe irgendwelcher Gestalten von rechts oder aus der Verschwörerecke, die vom Umsturz fantasieren oder zu radikaleren Mitteln anstacheln.
Landwirtschaft ist bunt und nicht braun. Das machen viele Landwirtinnen und Landwirte an ihren Traktoren deutlich und das ist gut so. Denn auch sie tragen in diesen Tagen Verantwortung und müssen ihr gerecht werden. Nicht nur, weil es ihrem Anliegen dient, sondern weil es zu den Grundfesten des demokratischen Miteinanders gehört.
RichtigErinnern, Demonstrationen der Landwirte
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Proteste von Landwirten haben erneut in mehreren Bundesländern den Verkehr behindert. Nachdem Anfang der Woche eine Großdemonstration in Berlin stattgefunden hatte, gehen die Protestaktionen nun dezentral weiter. Mit ihren Demonstrationen protestieren die Landwirte gegen den Sparkurs der Bundesregierung.
In Stuttgart legten Traktoren am Donnerstag den Stadtverkehr in Teilen lahm, teilte die Polizei mit. Autofahrer wurden aufgefordert, betroffene Gebiete zu umfahren oder auf andere Verkehrsmittel umzusteigen. Über 1.000 Traktoren waren zudem auf dem Festgelände Cannstatter Wasen unterwegs. Auch in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz protestierten Landwirte mit Traktoren. In Trier störte ein Konvoi von knapp 100 Fahrzeugen zeitweise den Verkehr.
Die Landwirte befürchten erhebliche Mehrkosten, wenn die Subvention zum Agrardiesel wegfällt und künftig für Traktoren Kfz-Steuer gezahlt werden muss. Land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge sind derzeit von der Kfz-Steuer befreit. Für Agrardiesel zahlen Landwirte nur etwa den halben Steuersatz.
So weit, so gut! Aber leider ziehen die Landwirte durch ihre Proteste nicht nur die stolzdeutsche AfD und Rechtspopulisten hinter sich her, viele sehen in den Aktionen auch eine nicht verhältnismäßig Handlungen. Andernorts blockierten Landwirte Straßen, Kreuzungen und Autobahnauffahrten. Rund 40 Bauern legten beispielsweise in Salzwedel mit ihren Traktoren den Verkehr lahm.
Die Agrarsubventionen sind leider ein schlechter Grund, den Haushaltskompromiss aufzukündigen. Sie schaden nämlich dem Klima und kommen vor allem gut organisierten Großbauern zugute.
Aus der landwirtschaftlichen Gesamtrechnung geht hervor, dass die Bauern 8,4 Mrd.€ im Jahr 2022 an staatlicher Unterstützung erhalten haben.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, hält das Vorhaben der Ampel-Koalition, den sogenannten Agrardiesel für die Land- und Forstwirtschaft zu streichen, für absolut inakzeptabel: „Dieses Vorhaben ist eine Kampfansage an die deutsche Landwirtschaft und an uns Bauernfamilien. Die Bundesregierung hat offensichtlich kein Interesse an einer funktionierenden und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft in Deutschland. Das wäre eine weitere massive Belastung für unsere Betriebe und würde uns in der europäischen Wettbewerbsfähigkeit stark schwächen. Alle politischen Entscheider müssen sich im Klaren sein, dass uns dies ins Mark trifft. Eine Streichung würde den Strukturwandel weitertreiben und die Lebensmittel deutlich verteuern.“
Die Produktion eines Kilogramms Weizen würde im Schnitt um 0,24 Cent teurer. Das ergibt sich aus folgenden Werten: Literaturangaben zufolge werden beim Weizenanbau je nach Bodenart, Anbaumethode und Feldgröße zwischen 33 und 120 Liter Diesel pro Hektar verbraucht; der Mittelwert liegt bei etwa 85 Liter. Auf einem Hektar werden laut DBV im Schnitt 7,6 Tonnen Weizen geerntet. Pro Kilogramm Weizen sind somit 0,012 Liter Diesel nötig.
Wenn der Steuervorteil beim Agrardiesel, der bisher 21,5 Cent pro Liter beträgt, entfällt, wird die Produktion eines Kilogramms Weizen um 0,24 Cent teurer. Ein Kilogramm Weizenmehl, für das 1,3 Kilogramm Weizen benötigt werden, würde bei einer Weitergabe dieser Mehrkosten inklusive Mehrwertsteuer um rund einen Drittel-Cent teurer.
Bei der Milch ist die Rechnung etwas komplizierter. Wenn man mit Zahlen aus einer Studie des Umweltbundesamts rechnet, kommt man für die Futterproduktion und die Fütterungstechnik zusammen auf einen Verbrauch von etwa 0,016 Liter Diesel pro Liter Milch. Der Wegfall der Agrardiesel-Vergünstigung würde die Herstellung eines Liters Milch somit um 0,38 Cent verteuern. Der Preisanstieg macht sowohl bei Mehl als auch beim Milch also jeweils weniger als ein halbes Prozent aus.
Diese Rechnung berücksichtigt nur den Agrardiesel. Die Wirkung des geplanten Wegfalls der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge ist schwerer zu berechnen, weil deren Anzahl und Nutzung stark variiert. Nachdem bei der Kfz-Steuer insgesamt etwa genau so viel gespart werden soll wie beim Agrardiesel, dürften die Mehrkosten über alle Betriebe hinweg ähnlich sein. Aber auch zusammengenommen lägen die Mehrkosten durch die Abschaffung der Subventionen damit noch bei weniger als einem Prozent. (Quelle)
Im Rahmen der europäischen Transparenz-Initiative sind die EU-Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich verpflichtet, Informationen über die Empfänger der Gemeinschaftsmittel aus den EU-Agrarfonds spätestens zum 31. Mai jeden Jahres nachträglich für das vergangene EU-Haushaltsjahr im Internet zu veröffentlichen.
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Zahlungen aus den EU-Fonds für Landwirtschaft und Fischerei — Hintergrund der Veröffentlichung
Die Veröffentlichung der Empfänger von Zahlungen erfolgt für die EU-Agrarfonds auf folgender rechtlicher Grundlage (Verordnungen und Gesetze in den jeweils für den Veröffentlichungszeitraum geltenden Fassungen):
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EU-Agrarsubventionen — Große Unternehmen profitieren weiter
Der größte Posten im EU-Haushalt sind mit 450 Milliarden Euro die Agrarsubventionen. Anders als versprochen profitieren noch immer große Unternehmen. Wie problematisch die Verteilung auch sonst ist, zeigt eine Analyse von NDR, WDR und SZ.
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In der aktuellen Förderperiode 2023 bis 2027 werden aus dem Haushalt der Europäischen Union (EU) etwa sechs Milliarden Euro Agrarsubventionen jährlich an landwirtschaftliche Betriebe, aber auch an Verbände, Behörden und Unternehmen im Agrarbereich in Deutschland gezahlt. Nach Frankreich und Spanien erhält Deutschland die drittmeisten Mittel aus dem europäischen Agrarhaushalt. Doch auch in vielen anderen Ländern wie den USA oder Japan wird die Landwirtschaft staatlich unterstützt, allerdings meist in geringerem Umfang.
Kritikerinnen und Kritiker bemängeln, dass auch Nichtlandwirtinnen und ‑landwirte, die im Besitz großer landwirtschaftlicher Flächen sind, hohe Zahlungen erhalten. Zudem fordern sie, die Auszahlung von Fördergeldern stärker an die Erbringung gesellschaftlicher oder ökologischer Leistungen zu knüpfen – nach dem Prinzip “Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen”.
Etwa 70 Prozent der Fördermittel in Deutschland sind Flächenprämien. Betrachtet man die ausgezahlten Summen sind unter den Hauptempfängern von Agrarzahlungen in Deutschland vor allem öffentliche Einrichtungen zu finden. Der Erhalt der Flächenprämie wurde mit der letzten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) an die Erfüllung einiger Mindestvorgaben geknüpft.
So müssen zum Beispiel mindestens vier Prozent der Ackerflächen für Brachen und Landschaftselemente bereitgestellt werden. Eine andere Vorgabe ist, dass die Kulturarten auf einer Fläche häufiger gewechselt werden müssen, um den Anteil an Monokulturen zu verringern. Darüber hinaus ist ein Viertel der Direktzahlungen an die Erfüllung von Öko-Regelungen gebunden. Betriebe, die sich diese Gelder sichern möchten, müssen dafür Leistungen für Umwelt‑, Klimaschutz oder die Biodiversität erbringen, die über die allgemeinen Auflagen an Umwelt- und Klimaschutz hinausgehen. Außerdem soll ein zunehmender Anteil der jährlichen Direktzahlungen in die zweite Säule der GAP fließen, damit dort künftig mehr Mittel für Programme zur Förderung von Klima- und Umweltschutzmaßnahmen und zur Stärkung der ländlichen Räume genutzt werden können.
Für die zweite Säule stehen Deutschland für das Jahr 2023 rund 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Bis 2027 soll dieser Betrag auf jährlich 1,8 Milliarden steigen. Die Fördergelder machen je nach Struktur eines Haupterwerbsbetriebes zwischen 41 und 62 Prozent des landwirtschaftlichen Einkommens aus. Bei sogenannten Nebenerwerbsbetrieben, die eine zweite Einkommensquelle außerhalb der Landwirtschaft haben, liegt der Anteil der Fördermittel am landwirtschaftlichen Einkommen noch deutlich höher.
Die Förderung begründet sich aus Sicht des Bundeslandwirtschaftsministeriums mit der besonderen Rolle der Landwirtschaft, die eine durchgehende Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen, gesunden und bezahlbaren Lebensmitteln sicherstellt. Mit dem Geld sollen vor allem größere Schwankungen der Preise für Agrarprodukte abgefedert werden, um das Einkommen der Betriebe zu stabilisieren. (Quelle)
Exkurs:
Querdenker, AfD und Reichsbürger träumen von Generalstreikan der Seite der Landwirte
Generalstreik für Dummies
Unter Generalstreik wird eine besondere Form des Streiks verstanden, bei der die Arbeitnehmer eines Gebiets unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit über alle Wirtschaftszweige hinweg die Arbeit niederlegen. Häufig enthalten Definitionen des Generalstreiks den Begriff des „politischen Protests“, dem sich große Teile der Bevölkerung anschließen und der Handel, Verkehr, Post sowie Ver- und Entsorgung zum Erliegen bringt.
Bäume mit Herbstlaub bei Bauern-Demo am 16. Dezember 2023 in Berlin? Wohl kaum. Das Video ist nicht aktuell. Unabhängig davon hat der Protest der Landwirte heute durchaus Wirkung gezeigt. https://t.co/J2VGrUWa6K
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