Mit diesen Narrativen versucht die AfD, die politische Debatte zu bestimmen. Darum muss sich jeder, der eines der Themen anspricht, immer kritisch fragen, ob er mit seinen Argumenten ein AfD-Narrativ bedient. Allen Narrativen der AfD ist eines gleich: Sie leben von der militanten Ab- und Ausgrenzung. Der Wert des (möglichst deutschen) Menschen bestimmt sich durch die Herabsetzung des anderen.
Die sozialpolitischen Forderungen der AfD beziehen sich ausschließlich auf gegenwärtige Krisen (Geflüchtete, Ukraine-Krieg), aber nicht auf die ökonomischen Bedingungen von Ungleichheit und Ungerechtigkeit in einer kapitalistischen Gesellschaft. D.h. Die AfD vernebelt (wie einst die NSDAP) ihre Affinität zum Kapitalismus pur und gaukelt den Menschen, die in prekären Verhältnissen leben, vor: Wenn es keine Geflüchteten gibt und wenn Deutschland mit Russland wirtschaftlich kooperiert und sich ganz aus dem Ukraine-Krieg heraushält, wird es euch besser gehen.
Geflüchtete verstärken die Kriminalität in Deutschland.„Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse“ (Alice Weidel) bedrohen die Sicherheit des Einzelnen. Wenn Deutschland keine Geflüchteten mehr ins Land lässt, gibt es auch keine Straftaten durch Ausländer. Frauen können wieder sicher leben.
Es gilt eine deutschnationale Leitkultur aufzubauen, um Sprache und Kultur von der rot-grün-versifften Ideologie der 68er-Generation zu befreien. Deswegen führt die AfD einen Kampf gegen das Gendern, gegen LGBTQ-Bewegungen, gegen gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt.
Deutschland ging es immer dann gut, wenn Russland stark war – so Alexander Gauland und Björn Höcke. Darum muss laut AfD alles vermieden werden, was Russland politisch und wirtschaftlich schwächt. Auf diesem Hintergrund präsentiert sich die AfD als quasi-pazifistische Partei, kritisiert die militärische Unterstützung der Ukarine, verlangt „normale“ Beziehungen zu Putin und mehr Distanz zu den USA (ausgenommen Donald Trump!).
Der Klimawandel wird geleugnet bzw. als natürliche Entwicklung gedeutet. Darum lehnt die AfD alle Maßnahmen ab, um die bedrohlichen Folgen des Klimawandels einzugrenzen. Nach der AfD ist weder eine Energie- noch eine Mobilitätswende erforderlich. Im Gegenteil: Wenn weiter auf Atomkraft und den Bau von Autos mit fossilen Antrieben gesetzt wird, wird es der deutschen Wirtschaft blendend gehen. Die AfD geriert sich als Freiheitspartei gegen die „Öko-Diktatur“.
Längst haben in der AfD die Höckes das Sagen – also diejenigen, die bewusst an den Nationalsozialismus der 20er und 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts – „bereinigt“ von Kriegsschuldkult und Holocaust – anknüpfen wollen. Diese rechtsnationalistisch ausgerichtete AfD droht bei den anstehenden Europa- und Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zur stärksten Partei zu werden.
Seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im November 2016 steht ein weiteres Phänomen im Fokus medialer Aufmerksamkeit: die virale Verbreitung von Falschmeldungen, Gerüchten und Lügen – kurz: Fake News. Gemeint sind Falschmeldungen, die über das Internet und insbesondere die Sozialen Netzwerke verbreitet werden, um die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen.
Der reichweitenstärkste AfD-nahe Twitter-Account heißt @Balleryna, niemand im AfD-Umfeld hat so viele Follower. Der Account Balleryna ist mit gut 200.000 Followern einer der vermeintlich reichweitenstärkste Accounts. Lange Zeit zierte eine blonde Frau mit Pferdeschwanz und großen Ohrringen das Profilbild. Der Account wurde schon 2011 erstellt, im Biografie-Text nannte sich Balleryna damals „Irina“. Im ersten Tweet gibt sich Balleryna als 17-jährige Deutsch-Russin aus.
Doch Balleryna wurde laut Recherchen, die sich auf die Auswertung von zahlreichen Tweets, auf Foren- und Medienberichte, Netzwerkanalysen und Aussagen mehrerer Informanten stützt, nicht von einer 17-jährigen Frau, sondern von einem Mann aus Münster erschaffen, dessen Namen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht genannt wird.
Um mehr herauszubekommen, wurden Twitter-Accounts aus dem AfD-Umfeld befragt, die Balleryna immer wieder retweeten. Mit dem Mann aus Münster habe der Account noch nie etwas zu tun gehabt, sagt der Betreiber von @2017_AfDWaehlen im Chat. Er selbst habe Zugang zu diesem Account, sagt er. Es scheint zu stimmen. Der anonyme AfD-Unterstützer kann auf Nachfrage veranlassen, dass von @Balleryna eine Direktnachricht über Twitter versendet wurde.
Relativierungen
Auch der Dosensuppen Goebbels und Marzahner Kreml-Apologet Lindemann ist so einfach in seiner Russlandtreue nicht zu übertreffen. Er reiste vor einigen Jahren kurz hintereinander gleich zweimal in die selbsternannte „Volksrepublik Donezk“, die schon damals unter indirekter Kontrolle Moskaus stand. Einen der Separatistenführer bezeichnete er als „echten Kriegsheld“. Lindemann ließ sich auch bei einer nicht anerkannten Abstimmung in Donezk von russischen Medien als „Wahlbeobachter“ zitieren und lobte die Abstimmung als „offen und demokratisch“.
Mit einem Zwischenruf zur Rolle der SPD in der Zeit des Nationalsozialismus hat der AfD-Abgeordnete Gunnar Lindemann für einen Eklat im Berliner Abgeordnetenhaus gesorgt. Lindemann hatte den Satzbeginn des SPD-Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh „Es waren die Sozialdemokraten…“ um die Aussage „…die Hitler ins Amt gebracht haben!“ ergänzt.
Die SPD hat am 24. März 1933 als einzige Partei gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt.